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  • Rechtliche Auswirkungen des Krieges in der Ukraine
SVI 3. April 2022 0 Comments

Nachdem sich die Schweiz den EU-Sanktionen gegen Russland und Weissrussland weitgehend angeschlossen hat, unterliegen auch Schweizer Unternehmen Einschränkungen im Handel. Ob Unternehmen und Güter der Verpackungswirtschaft betroffen sind, muss im Einzelfall betrachtet werden. Das SVI informiert an dieser Stelle über die allgemeinen Bestimmungen.

Bereits nach der vom russischen Präsidenten Putin am 21. Februar 2022 erklärten Anerkennung der Volksrepubliken Donezk und Luhansk hat die EU am 23. Februar 2022 den bestehenden Sanktionskatalog erweitert und zugleich eine neue Embargo-Verordnung erlassen. Beides wurde nach der militärischen Invasion der Ukraine am 24. Februar 2022 deutlich verschärft und durch mehrere weitere Sanktionsrunden bis heute stetig erweitert. Der jeweils aktuelle Stand wird vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) publiziert (siehe Kasten). Basis der Schweizerischen Massnahmen ist der Bundesratsbeschluss vom 28. Februar 2022, die Sanktionen der EU zu übernehmen.

Im Bereich der Gütermassnahmen geht es vor allem um Verbote bezüglich doppelt verwendbarer Güter, die auch zu militärischen Zwecken eingesetzt werden könnten. Hier dürften die Produkte der Verpackungswirtschaft nicht direkt betroffen sein. Im Bereich der Finanzmassnahmen schlagen sich die Einschränkungen aber auch auf die Verpackungswirtschaft nieder, weil Zahlungen für Lieferungen erschwert oder verunmöglicht werden. Es bestehen nun Verbote im Zusammenhang mit Transaktionen mit der russischen Zentralbank, Verbote der Gewährung von Darlehen an russische Unternehmen, Verbot der Entgegennahme von Einlagen über 100.000 Franken sowie Verbote von Finanzierungen, Beteiligungen und bestimmten Dienstleistungen. Zudem gibt es Reisesanktionen für russische und weissrussische Staatsangehörige auch aus dem Bereich der nicht-militärischen Wirtschaft.

Rechtliche Konsequenzen in der Praxis

Die tiefgreifendste Einschränkung im Wirtschaftsverkehr mit Russland und Weissrussland dürfte das so genannte „Bereitstellungsverbot“ sein. Demnach dürfen bestimmten natürlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen oder Organisationen „weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugute kommen“. Darunter sind Vermögenswerte jeder Art zu verstehen, unabhängig davon, ob sie materiell oder immateriell, beweglich oder unbeweglich sind, im Ergebnis also sämtliche Handelsgüter.

Neben Neugeschäften greifen die Sanktionen kraft Gesetzes auch unmittelbar in bestehende Vertragsverhältnisse ein. Sie behindern oder verunmöglichen die ungestörte Weiterführung des vereinbarten Leistungsaustausch, und zwar sowohl hinsichtlich von Waren, als auch von Geldflüssen. Es kommt damit zu Verstössen gegen bestehende Verträge mit den entsprechenden Rechtsfolgen, auch wenn beide Parteien keinerlei Einfluss darauf nehmen können. Für CH-Unternehmen stellt sich die Frage, wie und ob sie sich von ihren Vertragspflichten lösen können, selbst wenn sie dies eigentlich nicht wollen.

In jedem Fall ist der Schweizer Unternehmer nach den Grundsätzen von Treu und Glauben dazu verpflichtet, den Vertragspartner darüber in Kenntnis zu setzen, dass und warum er künftig seine Leistungen nicht wird erbringen können. Gemäss Schweizer Recht ist ein Rechtsgeschäft nichtig, das gegen ein gesetzliches Verbot verstösst respektive ein Vertrag ist nichtig, wenn er einen widerrechtlichen Inhalt hat (Art. 19 Abs. 2 OR und Art. 20 OR und Art. 27 ZGB). Zweifellos handelt es sich beim Russland/Weissrussland-Embargo um ein Verbotsgesetz. Ein hierunter fallender Vertrag könnte somit bereits kraft Gesetzes unwirksam sein. Eine Nichtigkeitsfolge ist daher anzunehmen, ab dem Tag der Inkraftsetzung der staatlichen Sanktionen. Eine Rückwirkung der Sanktionen auf bereits abgewickelte Geschäfte steht nicht zu befürchten.

Was gilt bei laufenden Geschäften?

Hier muss der Einzelfall betrachtet werden und welches Recht auf den Vertrag anwendbar ist. Wenn Lieferungen unmöglich werden, weil sie verboten sind, verliert das Unternehmen auch den Anspruch auf die Gegenleistung, also die vertraglich vereinbarte Zahlung. Sofern Lieferungen nicht nach den einschlägigen Sanktionsmassnahmen verboten sind, dürfen sie auch heute noch erfolgen. Ob in Russland tätige Tochtergesellschaften einer Schweizerischen Muttergesellschaft weiterarbeiten dürfen, muss im Einzelfall betrachtet werden. Grundsätzlich ist eine russische Tochtergesellschaft eine eigenständige juristische Person und nicht an EU-Recht oder Schweizer Recht gebunden. Allerdings dürfen Schweizer oder EU-Staatsbürger in Diensten einer von den Sanktionen betroffenen russischen Tochtergesellschaft prinzipiell nicht mehr für diese tätig sein.

Anfragen für betroffene Personen oder Firmen: sanctions@seco.admin.ch, Tel. 058 464 08 12
Für Fragen zu Gütersanktionen: Ressort Exportkontrollen / Industrieprodukte: Tel. 058 462 68 50

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